Nach 35 Jahren endet an der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor in Hamburg eine Ära: Werner Lange geht von Bord
Als Werner Lange (65) den Grundstein für sein Berufsleben legte, „roch es im Hafen noch richtig nach Ladung“. Das ist jetzt fast 50 Jahre her.
Dass aus dem gelernten Reedereikaufmann einmal der stellvertretende Leiter einer Staatlichen Handelsschule werde könnte, daran hatte Lange 1965 nicht im Traum gedacht. Am 31. Juli schließt der gebürtige Hamburger ein letztes Mal die Tür zu seinem kleinen Büro in der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor (HBT), der „H18“, ab. Denn an diesem Tag endet ein erfülltes Berufsleben, auf das Lange in großer Dankbarkeit zurückschaut. Einen knappen Monat zuvor, genau am 26. Juni, wird es bereits die offizielle Verabschiedung für ihn geben, der immerhin 35 Jahre seines Lebens an dieser Hamburger Berufsschule verbrachte und dabei Tausende von Berufsschülern begleitete.
Der Weg zum Diplom-Handelslehrer war für Werner Lange keineswegs vorgezeichnet. Denn zunächst begann er, direkt nach seiner Hauptschule, als „Lehrling“ bei der alteingesessenen Hamburger Schifffahrtsfirma Orient Frachtkontor. „Mein Lehrvertrag setzte offiziell mit dem 1. April 1965 ein. Doch weil man damals seine Ausbildung grundsätzlich nicht am 1. April begann, startete ich erst am 2.April“, erinnert er sich. Es wurde viel gefordert von den jungen Leuten. Dazu gehörte auch eine Arbeitswoche, die noch Teile des Sonnabends mit einbezog. Zu den Aufgaben, an die er noch eine sehr lebendige Erinnerung hat, gehört die Postbearbeitung. Jeden Sonnabendmorgen musste er die Post um 8 Uhr abholen und bis 9 Uhr, geöffnet, gestempelt und sortiert „dem Chef“ vorlegen. Präzision war das A und O.
Werner Lange lernte viel in diesen Jahren. Vor allem auch „die große Liebe zur Schifffahrt.“ Immer wieder geschätzt: Hafen- und Schiffsbesuche. Damals lagen noch Dutzende von Schiffen, teilweise wochenlang, an den Kais, um zu löschen und neu zu laden. Container waren damals im Hamburger Hafen unbekannt. Viel Handarbeit gab es auch in seinem Ausbildungsbetrieb. Die Ladungsmanifeste zum Beispiel wurden ebenso mit der Maschine geschrieben wie die Konnossemente. Er lernte Schreibmaschine schreiben – „zehn Finger blind“ – und „Kurzschrift“. Davon habe er sein ganzes Berufsleben profitiert, sagt er. Eines wurde ihm in der Zeit eingetrichtert: „Fachkompetenz ist das A und O in einem Beruf.“ Nach drei Jahren endete seine Lehre, an die sich Tätigkeiten als kaufmännischer Angestellter anschlossen. In dieser Zeit qualifizierte sich Lange in den Abendstunden weiter, „weil ich einfach mehr aus meinem Leben machen wollte“. 1974 legte er sein Abitur ab, direkt daran schloss sich ein Studium mit Abschluss Diplom-Handelslehrer an, das er im Sommer 1979 erfolgreich beendete.
In diese Zeit fiel auch das Angebot, an der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor als Lehrer tätig zu werden. Eine Entscheidung, die der Familienvater nicht bereut hat. 1995 wurde er Abteilungsleiter, 2000 rückte er zum stellvertretenden Schulleiter auf. Als Lehrer unterrichtete er in den Jahrzehnten „den ganzen Fächerkanon“, der an einer Einrichtung wie der HBT benötigt wird. Sein profundes Wissen wird im Kollegium geschätzt. „ZDF“ lautet sein inoffizielles Kürzel. Und das steht anerkennend für: „Zahlen, Daten, Fakten“, sagt Christian Peymann, ebenfalls gelernter Schifffahrtskaufmann und Leiter der HBT. Pläne für die Zukunft? „Vor allem Reisen.“ Die Feinabstimmung über die Ziele laufen mit seiner Ehefrau schon auf Hochtouren. EHA
Foto: Eckhard-Herbert Arndt (THB)
Erschienen im THB am 06.06.2014