In Hamburg haben jetzt 129 junge Schifffahrtskaufleute erfolgreich ihre Kaufmannsgehilfenprüfung abgelegt.

Ausnahmezustand an der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor (HBT). Die Aula des etwas nüchternen Fünfzigerjahrebaus ist überfüllt. Die auf rund 230 Besucher ausgelegte Bestuhlung reicht nicht.

Wer zu spät erscheint, bekommt einen Stehplatz. Im Mittelpunkt stehen an diesem Mittwochvormittag die 160 erfolgreichen Absolventen einer Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann/-frau sowie zum Reisebürokaufmann/- frau (31).

Unter den Anwesenden ebenfalls zu finden sind etliche Ausbilder aus den verschiedenen Betrieben, die ihre Schützlinge gerne auch auf diesem Wegstück begleiten wollen. „So voll war es hier noch nie“, stellt Schulleiter Christian Peymann fest.

Die HBT liefert im Rahmen des deutschen Erfolgsmodells „duales Ausbildungssystem“ seit Jahr und Tag das geistige Rüstzeug für die beiden kaufmännischen Berufe. Wobei die Schifffahrt den mit Abstand größten Schülerblock an der Traditionseinrichtung stellt.

In diesem Jahr waren 136 Azubis aus der Schifffahrt zur Prüfung angemeldet. 129 legten sie mit Erfolg ab.

Für Peymann, dessen Berufskarriere auch mit einer Schifffahrtskaufmannslehre begann, ein bestens vorzeigbares Ergebnis. Für ihn ist es jedes Mal ein Ereignis, das ihn persönlich berührt.

Den HBT-Lehrern geht es da nicht anders. Peymann in seiner Rede an die Absolventen: „Sie können stolz sein auf das, was sie erreicht haben.“ Und: „Mit diesem Abschluss in der Hand können Sie jetzt auch erstmals gutes Geld verdienen.“

Der erfolgreiche Lehrabschluss bilde das Fundament, auf dem jetzt in Ruhe die weitere Karriere aufgebaut werden könne. Seine Empfehlung: Aufgeschlossen sein für gute Angebote, die der jetzige oder auch künftige Arbeitgeber unterbreitet. Etwa eine Tätigkeit an einem anderen Ort, vielleicht sogar im Ausland. „Das sollten Sie auf keinen Fall ablehnen“, rät Peymann.

Es gelte, sich auch im übertragenen Sinne freizuschwimmen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Einer, der das genau so machen will, ist Marvin Beckmann, der in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren beim Schiffahrtskontor tom Wörden GmbH & Co. KG in Oldendorf bei Stade seinen Beruf erlernte. „Ich gehe für ein halbes Jahr nach Südamerika“, berichtet er Jan Theodor Schlichting, Abteilungsleiter Schifffahrt und Reiseverkehr an der HBT, auch ein ehemaliger Schifffahrtskaufmann, bevor er sich für ein Lehramtsstudium entschloss.

Beckmann musste während seiner Ausbildung jeden Morgen um sechs Uhr gen Elbestadt aufbrechen, um rechtzeitig zum Unterrichtesbeginn 7.45 Uhr vor Ort zu sein. Der Lohn seines Einsatzes: Er legte mit 455 Punkten die drittbeste Prüfung ab. Beifall brandet auf. „Ich hab mal in Ihr Klassenbuch gesehen. Ganze zwei Mal sind Sie in der Zeit zu spät gekommen“, merkt Schlichting mit einem Augenzwinkern an. „Tolle Leistung“, setzt er hinzu.

Gelächter im Saal. Die Stimmung ist bestens. Sie hebt sich noch weiter, als Schlichting auch die Namen der beiden anderen Besten erwähnt und die jungen Damen vorstellt: Anna Lena Crüger lernte bei Hamburg Süd und schaffte 458 Punkte und damit Platz zwei.

Katharina Pietsch brillierte gar mit 460 Punkten. Ihr Lehrbetrieb: E.R. Schiffahrt.

Und noch einer wird an diesem Morgen geehrt – zur großen persönlichen Überraschung: Egmont Piepiorka, Manager für Terminals, Ports and Authorites bei Unifeeder in Hamburg und zudem seit 2000 Ausbildungsleiter. Peymann überreicht ihm einen Blumenstrauß – ein Dankeschön für die jahrelange Mitarbeit im Prüfungsausschuss.

Dank und Anerkennung spricht auch Dr. Alexander Geisler, Geschäftsführer bei der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS), aus. Sein Verband sowie der Verein Hamburger Rheder (VHRh) und der Nautische Verein zu Hamburg würdigen die drei Jahrgangsbesten mit einer kleinen Goldmünze.

Sie steht in diesem Jahr ganz im Zeichen des Pferdes. Für Chinesen heißt das: viel Temperament, gute Lebensplaner und ein glückliches Händchen für Geld. Geisler gibt der Veranstaltung noch einen kleinen schifffahrtspolitischen Anstrich: „Die Ausbilder in den Betrieben leisten einen nicht zu unterschätzenden Dienst für den gesamten Schifffahrtsstandort.“

Um im Hafen- Wettbewerb erfolgreich zu bleiben, sei gut qualifiziertes Personal unverzichtbar. Sein Appell: Das in Hamburg auf einem sehr hohen Niveau in der Schifffahrt ausgebildet wird, müsste „noch viel stärker in die Vermarktung des Hamburger Hafens einfließen“.

Die Feier klingt aus. Der Berufsalltag beginnt. Vielleicht getragen von diesem Leitspruch: „Mein Feld ist die Welt.“ Es stammt vom großen deutschen Reeder und langjährigen Generaldirektor der einstigen HAPAG, Albert Ballin.


Erschienen im THB am 31.01.2014

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THB – Solide Ausbildung als Standortfaktor